Monarchische Herrschaftswechsel im Spätmittelalter im Vergleich. Aushandlungen – Akteure – Ambivalenzen

Monarchische Herrschaftswechsel im Spätmittelalter im Vergleich. Aushandlungen – Akteure – Ambivalenzen

Organisatoren
Sven Jaros / Wolfgang Huschner, Lehrstuhl für Mittelalterliche Geschichte, Universität Leipzig; Sächsische Akademie der Wissenschaften (SAW), Leipzig
Ort
Leipzig und digital
Land
Deutschland
Vom - Bis
13.09.2021 - 15.09.2021
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Von
Rike Szill, Geschichte des frühen und hohen Mittelalters sowie Historische Grundwissenschaften, Historisches Seminar, Christian-Albrechts-Universität zu Kiel,

Eine gesamteuropäische Perspektivierung von Herrschaftswechseln als kommunikative, diskursive Praxis ist bislang vor allem für das Spätmittelalter ein Forschungsdesiderat. Dennoch prägten gerade dort Transformations- und Umbruchssituationen die zum Teil äußerst heterogenen Gesellschaften und die ihnen zugrundeliegenden sozialen Ordnungsmuster maßgeblich mit. Diese Überlegungen bildeten auch den Ausgangspunkt der von der Deutschen Forschungsgemeinschaft und der Universitätsgesellschaft – Freunde und Förderer der Universität Leipzig e. V. geförderten Abschlusstagung des Leipziger DFG-Projekts „Mediation von Herrschaft an den Grenzen Lateineuropas im Spätmittelalter“, die Herrschaftskonfigurationen anhand ihrer Aushandlungen, Akteur:innen und Ambivalenzen unter Einbezug muslimischer, christlich-orthodoxer und gentilreligiöser Gebiete untersuchte.

In seiner Einführung betonte WOLFGANG HUSCHNER (Leipzig) das Potential, das eine Erforschung von Herrschaftswechseln an den Grenzen Lateineuropas mit sich bringe: Nicht nur in chronologischer Hinsicht, sondern auch mit Blick auf politische, religiöse und kulturelle Praktiken ließen sich dort unterschiedliche Herrschaftsübergänge mit einer Vielzahl von Akteur:innen ausmachen. Als transitorische Phasen böten sie einen geeigneten Ausgangspunkt, um typologische Systematisierungen einzelner Formen von Herrschaftswechseln zu dekonstruieren. Als Themenkomplexe stellte er die Rolle der Dynastie, die Bewertung von (Dis-)Kontinuitäten in Herrschaftskonfigurationen sowie die Ausmachung von Legitimationsstrategien heraus.

Die erste Sektion befasste sich mit innerdynastischen Thronfolgen in Nordosteuropa. CHRISTIAN LÜBKE (Leipzig) analysierte Nachfolgekonflikte in der Rus’ im 15. Jahrhundert im Kontext des Herrschaftsantritts von Vasilij II. Anhand mehrerer Testamente zeigte er auf, dass der Großfürstentitel zunehmend unabhängig von externen Herrschaftsansprüchen vergeben und Vasilij sukzessive als designierter Herrscher festgelegt worden war. Diese Kombination aus Senioratsprinzip und Primogenitur sei auch ein Grund dafür gewesen, dass das Großfürstentum Moskau in der Folgezeit zum unbestrittenen Zentrum in der Rus’ hätte aufsteigen können.

Den Herrschaftsbereich der Kalmarer Union fokussierte STEFAN MAGNUSSEN (Leipzig), der mit dem Regierungsantritt Christophs III. die ersten Ergebnisse einer der vier Teilstudien des DFG-Projekts vorstellte. Einen besonderen Schwerpunkt legte er auf die – infolge der Krönungszeremonien in Schweden und Dänemark – lediglich als formal bewertete Erhebung zum König von Norwegen 1442: In der Folge hätten die norwegischen Eliten ihre Eigeninteressen jedoch gegenüber Christoph III. und den Unionspartnern behaupten und ihre Handlungsspielräume erweitern können. Entsprechend müsse Norwegen als Akteur in den Aushandlungsprozessen in der Kalmarer Union künftig stärker berücksichtigt werden.

SVEN JAROS (Leipzig) präsentierte mit einem Beitrag zur Transformation von Herrschaftsstrukturen der polnisch-ungarischen Personalunion nach dem Tod Ludwigs von Anjou 1382 Ergebnisse des östlichen DFG-Teilprojekts. Dessen Thronfolge habe weniger durch den Herrschaftsantritt seiner Töchter, sondern vielmehr durch die Suche nach geeigneten Gatten und Nachfolgern auf dem polnischen respektive ungarischen Thron an Dynamik gewonnen. Diesen Befund exemplifizierte Jaros anhand der Wiedereingliederung Kronrutheniens in das polnische Königreich: Aufgrund unklarer regionaler Zugehörigkeiten hätten sich die Zeitgenossen erst schrittweise der neuen Herrschaft zugeordnet, die zudem ein Akteursfeld umfassten, das weit über kleinpolnische Eliten hinausging.

In ihrem Kommentar unterstrich BARBARA SCHLIEBEN (Berlin), dass „reguläre“ Herrschaftswechsel keineswegs mit der Etablierung konsensualer Herrschaft gleichzusetzen, sondern mehr als Wechsel mit Krisenpotential zu verstehen seien. Folglich sei die Rolle der Dynastie bei jedem Herrschaftswechsel neu zu prüfen und deren Legitimationsgrundlage stets neu auszuhandeln. Regularität sei als Ex-post-Kategorie immer eine Frage der Perspektive, da zeitgenössische Akteur:innen den regelhaften Charakter der Ereignisse entweder gar nicht in Frage oder aber gänzlich in Abrede stellten.

Die zweite Sektion befasste sich mit Dynastiewechseln und dynastischen Zusammenschlüssen in Südosteuropa. JULIA BURKHARDT (München) untersuchte den politischen Diskurs ungarischer Herrschaftswechsel (1382–1526) und ergänzte damit die von Sven Jaros für Polen-Litauen entworfenen Perspektiven, die sich aus den Ehearrangements Ludwigs von Anjou ergaben. In Ungarn habe sich der Fokus in der Herrschaftsanerkennung allmählich von einer dynastischen Legitimation hin zu einem standesgemäßen Konsens des Adels verschoben, in dem das Prinzip der una et eadem libertas einen wichtigen, wenngleich fiktiven Referenzpunkt bildete. In Rückgriff auf kollektive Wertevorstellungen hätten sich die ungarischen Eliten als dynastische Verantwortungsgemeinschaft hervorgetan, um die Stabilität des Reiches langfristig zu sichern – auch mit Blick auf den erstarkenden osmanischen Herrschaftsbereich im Süden.

Im Kontext der Osmanischen Expansion bewegte sich auch der Beitrag von ŽARKO VUJOŠEVIĆ (Belgrad), der sich mit dem politisch-ideologischen Erbe der Nemanjiden-Dynastie im 14. Jahrhundert beschäftigte. Dazu präsentierte er ein kompaktes Bild vom Zerfall des serbischen Kaiserreichs nach dem Tod von Stefan Uroš 1371 und der Verlagerung des politischen Kernlands nach Norden unter dem Knes Lazar. Eine neue Herrscherdynastie habe dieser dort bis zu seinem Tod in der Schlacht auf dem Amselfeld 1389 indes nicht etablieren können. Jedoch sei Lazar durch seine Verehrung als Märtyrer nachträglich mit dem Begründer der Lazarević-Dynastie identifiziert worden. Diesen Umstand habe die Rezeption seiner beiden Vorgänger begünstigt, die als schwacher Kaiser oder Usurpator keine Viten erhalten hätten.

Einen folgeträchtigen Dynastiewechsel beleuchtete auch FLORENCE SAMPSONIS (Paris) in ihrem Vortrag über das aus der lateinischen Eroberung von Konstantinopel hervorgegangene Fürstentum Achaia auf der Peloponnes. Dieses fiel in den Verträgen von Viterbo 1267 unter angevinische Oberherrschaft. Die tatsächliche Übergabe durch die Villehardouin habe sich jedoch in mehreren Etappen vollzogen: Während das Fürstentum bis 1278 noch weitgehend autonom regiert worden sei, habe Karl von Anjou das Gebiet sodann einer stärkeren administrativen, politischen und militärischen Abhängigkeit unterworfen, die 1307 in der Absetzung der Villehardouin als Fürsten von Achaia gegipfelt sei. Entsprechend hätten hier vertragliche Rechtsnormen Vorrang vor dynastischen Ansprüchen gehabt, die auf feudalem moreotischen Brauch beruhten.

In ihrem Kommentar knüpfte CHRISTINE REINLE (Gießen) an die Diskussion des Vortags an. Dabei betonte sie das Potential des dynastischen Arguments, das gerade in seiner Uneindeutigkeit auf die Bewertung legitimitätsstiftender Elemente, Symbole und Akte vielfältigen Einfluss ausüben könne. Dieser Konstruktionscharakter von Dynastien könne in der (Um-)Formung von Verwandtschaft innerdynastische Loyalitäten zeitigen.

Die dritte Sektion fokussierte Prozesse von Absetzung, Abwahl und Sturz: CHRISTIAN OERTEL (Erfurt) analysierte anhand der letzten Herrschaftsjahre Wenzels IV. die Problematik seines böhmischen und römisch-deutschen Doppelkönigtums, die 1400 zu seiner Absetzung führte. Dabei skizzierte er ein Spannungsfeld aus wechselseitigen Einflüssen, Erwartungen und Konfliktlinien mit den Mitgliedern des böhmischen Adels und der luxemburgischen Dynastie, die durch die langjährige Abwesenheit des Königs im Reich an Dynamik gewonnen und so zu dessen Legitimitätsverlust beigetragen hätten.

Einen anderen Problembestand perspektivierte MICHAEL GRÜNBART (Münster), der sich mit minderjährigen Kaisern in der Laskariden- und Palaiologendynastie befasste. Dabei betonte er den starken Einfluss familiärer Interessen und Netzwerke auf byzantinische Machtverhältnisse: Minderjährigkeit habe die aktiven Gestaltungsmöglichkeiten von Herrschaft eingeschränkt und vom Einwirken anderer Akteur:innen, wie der Kaisermutter oder den Mitgliedern des Regentschaftsrates, abhängig gemacht. In spätbyzantinischer Zeit sei dabei dem Patriarchen von Konstantinopel eine maßgebliche Position zugekommen, die es zunehmend schwieriger gestaltete, als (minderjähriger) Kaiser gegen kirchliche Netzwerke zu agieren.

In seinem Kommentar erweiterte Ian Peter Grohse (Tromsø) die in der Sektion präsentierten Befunde zugunsten eines gesamteuropäischen Vergleichs um eine skandinavische Perspektive. Dabei diskutierte er die Verstetigung provisorischer Macht im Changieren zwischen Exzeptionalität und Normalzustand sowie mit Blick auf regionale Spezifika. So sei das Alter skandinavischer Kinderkönige letztlich nicht ausschlaggebend gewesen; demgegenüber hätten Abwesenheit und Unzulänglichkeit auch dort als wichtiges Argument zur Absetzung und Abwahl von Herrschenden fungiert.

In ihrem Abendvortrag untersuchte ANDREA STIELDORF (Bonn) spätmittelalterliche Siegelbilder aus dem römisch-deutschen Reich vom Interregnum bis zur Dynastie der Luxemburger und Wittelsbacher. Mit Heraldisierung, Titularerweiterungen und der Einbindung von Tiersymbolen stellte sie die wesentlichen Neuerungen auf Thron- und Sekretsiegeln heraus. Gerade über die Tiersymbolik ließen sich eschatologische Bezüge zum Endzeitkaisertum herstellen, die gegenüber Gegenkönigen legitimitätsstiftend wirken könnten. Zudem sei der römisch-deutsche Königs- und Kaisertitel zunehmend als eine von vielen Herrscherentitäten aufgetreten, die durch ihre Integration in den heraldischen Codex für Herrschaftsrepräsentationen unabdingbar geworden seien.

Die vierte Sektion befasste sich mit Eroberungen im Mediterraneum. SIMON HASDENTEUFEL (Paris) analysierte das Beziehungsgefüge zwischen den lateinischen Kaisern und kollektiven Institutionen infolge der Einnahme Konstantinopels 1204. Anhand der Partitio Romaniae, die die Teilung des Byzantinischen Reiches durch die Kreuzfahrerstaaten verfassungsmäßig regelte, präsentierte er Diskussionen und Beratungen als Formen politischen Handelns, die im Austausch mit dem Kaiser als Kulturen des Entscheidens einen gängigen Bestandteil von Herrschaftslegitimation im Mittelalter dargestellt hätten.

Kollektive Entscheidungsprozesse spielten auch im Beitrag von ERIC BÖHME (Konstanz) eine prominente Rolle, der überdies Ergebnisse des westlichen DFG-Teilprojekts vorstellte. Anhand vor allem diplomatischer Quellen untersuchte er die Übergabeverhandlungen des von Jakob I. eroberten östlichen al-Andalus aus der Perspektive der muslimischen Herrscherfamilie der Banū ʿĪsā im 13. Jahrhundert. Diese hätten in mehreren diplomatischen Interaktionen den Erhalt ihrer Autonomie mit ihrem Beratergremium aktiv und selbstbewusst mitgestaltet, sodass sich die Herrschaftsübergabe zunächst nur nominell in einem dezidiert christlichen Teilkönigreich Valènica widergespiegelt habe.

An diese Perspektivierungen einer katalanisch-aragonesischen composite monarchy schloss ROBERT FRIEDRICH (Greifswald) an, der die Rolle von Dominikanermönchen bei der Eroberung und Integration Mallorcas in die Krone Aragón untersuchte. Dabei fungierten die Dominikaner nicht nur als Kreuzzugsprediger, sondern auch als spirituelle Begleiter im Heer des Königs, die dessen Herrschaftsansprüche symbolisch kommunizierten sowie eine spirituelle Infrastruktur auf der Insel bereitstellten. Dazu diskutierte Friedrich die Rolle der Archive als sozio-politische Knotenpunkte einer sich (re-)formierenden christlichen Gesellschaft.

JULIA BÜHNER (Münster) befasste sich mit den Aushandlungsprozessen von Herrschaft auf den Kanarischen Inseln im 15. Jahrhundert. Eindrücklich stellte sie das ambivalente Verhältnis zwischen Rechtstheorie und Praxis heraus. So resultiere aus den mit indigenen Herrschern geschlossenen Pakten eben keine Anerkennung ihrer Souveränität, vielmehr hätten die Konquistadoren die Beschlüsse zugunsten ihrer eigenen Herrschaftskonsolidierung instrumentalisiert. Wenngleich durch den Abschluss von Heiratsbündnissen eine zumindest symbolische Kontinuität indigener Herrschaft inszeniert worden sei, hätten auch diese Strategien letztlich der rechtlichen Untermauerung der spanischen Herrschaft auf dem Archipel gedient.

In seinem Kommentar unterstrich STÉPHANE PÉQUINOT (Paris) die Komplexität der in den Sektionsbeiträgen aufgeworfenen Perspektiven und verwies auf das breite Legitimations- und Handlungsrepertoire, mit dem sich Akteur:innen auf lokaler Ebene den neuen Machtverhältnissen anpassten. Dazu diskutierte er, inwieweit Herrschaftswechsel in eroberten Gebieten Reflexe in den Ursprungsterritorien der Eroberer zeitigten. Hieran schloss sich eine rege Diskussion der Sektionsbeiträge an, welche die Anschlussfähigkeit der von den Referierenden präsentierten Aspekte betonte.

Die fünfte Sektion perspektivierte gescheiterte Herrschaftswechsel. GEORG JOSTKLEIGREWE (Halle/Saale) befasste sich mit der im Vertrag von Troyes 1422 etablierten, jedoch nicht erfolgreichen englisch-französischen Doppelmonarchie im Hundertjährigen Krieg. Auch wenn dieses gemeinhin als Unikum bewertete Bündnis damit einer juristischen Fiktion gleichkam, habe der englische Prätendent eine tatsächliche Erringung der französischen Herrschaft nicht forciert, sondern mehr deren Eintausch gegen die Anerkennung einer souveränen aquitanischen Herrschaft angestrebt. In diesem Kontext von einem Scheitern zu sprechen, trage den Intentionen der Fraktionsparteien somit keine Rechnung.

Der Beitrag von MARIE JAROS (Leipzig) bildete sodann einen Knotenpunkt für die im Kontext der Tagung mehrfach genannte Herrschaft der Anjou, indem sie als Ergebnisse der südlichen Projektstudie Ursachen und Gründe des angevinischen Herrschaftsverlusts auf Sizilien präsentierte. Anhand der Register der zum Großteil selbst ausgewerteten angevinischen Kanzlei, mehrerer Königsitinerare und Mandate wies sie ein wachsendes Desinteresse an einer Herrschaftsrepräsentation vor Ort sowie den Austausch lokaler Eliten in strategisch wichtigen Positionen durch Franzosen und Provenzalen nach. Ausschlaggebender als diese Repressionen seien jedoch externe Faktoren wie Thronkonkurrenten, der Verlust der Flotte sowie starke finanzielle Einbußen gewesen, durch die Karl von Anjou infolge der Sizilianischen Vesper zu einer stärkeren Konzentration auf das süditalienische Festland und damit zur Aufgabe seiner weiteren Expansionspläne gezwungen worden sei.

SERGEJ POLECHOV (Moskau) untersuchte schließlich die Umbruchsprozesse im Großfürstentum Litauen nach dem Tod des Vytautas 1430, dem sein Vetter Swidrigal für zwei Jahre nachfolgte. Er ergänzte die chronikalische Überlieferung durch zwei zeitgenössische Briefe, aus denen hervorgehe, dass die polnisch-litauischen Konflikte eine Fortsetzung früherer Spannungen bildeten. Entsprechend sei der Sturz Swidrigals nicht durch innere Widerstände, sondern mehr durch Modifizierungsprozesse der außenpolitischen Position des Großfürstentums erfolgt, in denen der litauische Hochadel eine prominente Rolle spielte.

In seinem Kommentar skizzierte STEFAN ROHDEWALD (Leipzig) auf der Basis der in den Sektionsbeiträgen präsentierten Befunde Anknüpfungspunkte zu anderen Herrscherdynastien wie den Jagiełłonen und Osmanen. Dabei betonte er das Potential für eine akteurszentrierte Verflechtungsgeschichte vor dem Hintergrund des Scheiterns.

In seiner abschließenden Zusammenfassung griff BERND SCHNEIDMÜLLER (Heidelberg) den von den Veranstaltern aufgeworfenen Konstruktionscharakter von Leitkonzepten und -begriffen auf und unterstrich, dass diese zur Bezeichnung grundsätzlicher Organisationsformen in der Forschung zwar verbreitet, jedoch nicht klar voneinander unterschieden seien. Er betonte die Anschlussfähigkeit der im Kontext von Tagung und DFG-Projekt entworfenen Perspektiven: Zwar sei das mittelalterliche Jahrtausend wesentlich, wenn nicht gar alternativlos von monarchischen Herrschaftsformen geprägt. Indes habe keine uniforme Ausprägung von Monarchie vorgeherrscht; vielmehr sei – in Anschluss an Christine Reinle – deren Vielseitigkeit der Normalfall gewesen.

Die diversere Betrachtung spätmittelalterlicher Herrschaftswechsel ermöglichte folglich eine breit angelegte Perspektivierung ihrer Kommunikations- und Interaktionsprozesse sowie ihrer Akteur:innen, die für die Erforschung der Vormoderne großes Anknüpfungspotential und vielversprechende Ansätze bereitstellen.

Konferenzübersicht:

Wolfgang Huschner (Leipzig): Einführung

I. „reguläre“ Wechsel: innerdynastische Thronfolge

Christian Lübke (Leipzig): Externe Subordinationsansprüche, dynastische Kämpfe, Blendungen: Vasilijs „des Blinden“ langer Kampf um die Moskauer Großfürstenwürde

Stefan Magnussen (Leipzig): Scenes of a Union. The Accension of Christoffer I of Norway and the Agency of the Norwegian Elites

Sven Jaros (Leipzig): Jadwiga Rex Poloniae? Succeding in Poland and Obtaining Western Rus’ (1382–1389)

Barbara Schlieben (Berlin): Kommentar

II. „reguläre“ Wechsel: Dynastiewechsel und dynastische Zusammenschlüsse

Julia Burkhardt (München): Waffengewalt und Wortgefechte. Kollektive Partizipation und Identität bei Dynastiewechseln im spätmittelalterlichen Ungarn (1400–1500)

Žarko Vujošević (Belgrad): Vom anspruchsvollen Kaisertum zum bedrohten Fürstentum. Der Dynastiewechsel in Serbien im Schatten der Osmanischen Expansion

Florence Sampsonis (Paris): From the Villehardouin to the Angevine Dynasty on the Throne of the Principality of Morea. A Change of Ruler in Several Steps (1267–1309)

Christine Reinle (Gießen): Kommentar

III. erzwungene Wechsel (von innen): Absetzung, Abwahl und Sturz

Christian Oertel (Erfurt): Der Einfluss der Verhältnisse in Böhmen vor und nach der Absetzung Wenzels IV. auf seine Handlungsmöglichkeiten im Reich

Michael Grünbart (Münster): Minderjährigkeit als Problem der Herrschaftsnachfolge im späten Byzanz

Ian Peter Grohse (Tromsø): Kommentar

Abendvortrag

Andrea Stieldorf (Bonn): Die Tücke liegt im Detail. Spätmittelalterliche Herrschersiegel zwischen Konflikt und Idealisierung

IV. erzwungene Wechsel (von außen): Eroberungen

Simon Hasdenteufel (Paris): Deus miraculose nobis tradiderit imperium Romanum: Conquering, Inventing and Negotiating Kingship in the First Years of Latin Empire of Constantinople (1204–1216)

Eric Böhme (Konstanz): Wa-ḥalafū ʿalā al-wafāʾ bihā. The Banū ʿĪsā and the Christian Conquest of Šāṭiba/Xàtiva (c. 636–641/1239–1244)

Robert Friedrich (Greifswald): Gesellschaft organisieren. Die Bettelorden und die Eroberung von Mallorca/Mayūrqa unter Jakob I. von Aragón

Julia Bühner (Münster): Menceyes und Guanartemes: Zur Rolle indigener Eliten bei der Eroberung des Kanarischen Archipels (1402–1496)

Stéphane Péquignot (Paris): Kommentar

V. „gescheiterte“ Wechsel: Baldiger Herrschaftsverlust, bzw. Folgewechsel

Georg Jostkleigrewe (Halle/Saale): Ein Missverständnis? Die Parteikonflikte im französischen Königreich und das „Scheitern“ Heinrichs VI. von England

Marie Ulrike Jaros (Leipzig): Das launische Eiland. Der Verlust der Insel Sizilien und seine Konsequenzen für die Politik Karls I. von Anjou

Sergej Polechov (Moskau): Volunt esse liberi et dominum suum Swidergal habere regem et habere jus imperiale. Die Erhebung Swidrigals zum Großfürsten von Litauen nach dem Tod Witolds (1430)

Stefan Rohdewald (Leipzig): Kommentar

Bernd Schneidmüller (Heidelberg): Abschlusskommentar